Der teleologische Gottesbeweis

Weiter geht es mit der Serie über Gottesbeweise. Der zweite Gottesbeweis, den wir behandeln, ist der teleologische Gottesbeweis. Das ist einer von den Gottesbeweisen, die normalerweise in der Oberstufe im Religionsunterricht behandelt werden.

Das Wort Teleologie stammt vom griechischen Wort „telos“. Das bedeutet Ziel oder Zweck, und im übertragenen Sinn auch Design.

Als erster christlicher Theologe formulierte Thomas von Aquin den teleologischen Gottesbeweis. Aber so interessant die mittelalterliche Formulierung auch ist, wir springen direkt zur modernen Fassung.

Thomas von Aquin

Man kann den teleologischen Gottesbeweis in etwa folgendermaßen formulieren:

  1. Jedes Design erfordert einen Designer.
  2. Das Universum besitzt ein hochkomplexes Design.
  3. Daher hat das Universum einen Designer.

Der Fokus dieses Beitrags liegt insbesondere auf Prämisse (2). Das Universum ist außergewöhnlich komplex. Dass es überhaupt Leben, und insbesondere menschliches Leben ermöglicht ist im wahrsten Sinner des Wortes ein Wunder. Das nennt man auch das „anthropische Prinzip“, vom griechischen Wort „anthropos“ für Mensch. Man findet auf allen Ebenen, dass kleinste Abweichungen vom Design des Universums Leben generell unmöglich machen würden. Das fängt an bei den universellen Naturkonstanten und geht bis hin zu kleinsten Details in unserem Sonnensystem, das im riesigen Universum so unbedeutend erscheint.

Die wissenschaftlichen Hintergründe der folgenden Beispiele sind alle leicht über Google zu finden.

Das Paradox der schwachen Sonne

Wir sind gerade dabei, auf die harte Tour herauszufinden, was passiert, wenn wir die Erdatmosphäre durch Treibhausgase um mehr als 2 Grad anheizen. Aber gab es früher nicht wesentlich mehr Treibhausgase in der Atmosphäre? Korrekt! In der Erdfrühzeit war die Sonne allerdings 18% schwächer als heute. Die höhere Konzentration von CO2 war damals notwendig. Zu jedem Zeitpunkt in 4 Milliarden Jahren Erdgeschichte gilt dasselbe wie heute: Wäre die Sonne um 2% schwächer, würden die Ozeane zufrieren, und alles Leben auf dem Planeten sterben. Wäre die Sonne um 2% stärker, würden die Ozeane verkochen, und alles Leben auf dem Planeten sterben. Die Stärke der Sonnenstrahlung und die Konzentration von Treibhausgasen ist also seit 4 Milliarden Jahren feineingestellt. Keine natürliche Erklärung.

Quelle: Wikipedia

Existenz von Schwermetallen auf der Erde

Komplexes Leben benötigt Schwermetalle. Schwermetalle entstehen nicht in Sonnennebeln, aus denen Sonnensysteme entstehen. Die entstehen in Supernova-Explosionen. Um alle nötigen Schwermetalle zu erhalten, müssen während der Entstehung unseres Sonnensystems in unmittelbarer Nähe eine Supernova-Explosion vom Typ I stattgefunden haben. Das reicht noch nicht. Es muss zustzlich eine weitere Supernova-Explosion vom Typ II stattgefunden haben. Nicht nur das. Wäre eine der beiden Explosionen geringfügig weiter weg gewesen, wäre der Sonnennebel nicht mit den nötigen Schwermetallen angereichert worden. Ein Planet wie die Erde wäre nicht entstanden. Wären eine der Explosionen nur geringfügig näher dran gewesen, hätte sich der Sonnennebel durch die Explosion verflüchtigt. Es wäre in dem Fall überhaupt kein Sonnensystem entstanden. Keine natürliche Erklärung.

Quelle: S. Sahijpal et al., „A Stellar Origin for the Short-Lived Nuclides in the Early Solar System,“ Nature 391 (1998), S. 559–561; Peter Hoppe et al., „Type II Supernova Matter in a Silicon Carbide Grain from the Murchison Meteorite,“ Science 272 (1996), S. 1314–1316; G. J. Wasserburg, R. Gallino, and M. Busso, „A Test of the Supernova Trigger Hypothesis with 60Fe and 26Al,“ Astrophysical Journal Letters 500 (1998), S. L189–L193.

Kernfusion in der Sonne

Wenn Wasserstoff zu Helium fusioniert, dann wird 0,007% der Masse als Energie freigesetzt. Wären es 0,006% oder weniger, könnten sich Protonen und Neutronen nicht verbinden. Dnd das einzige Element im Universum wäre dann Wasserstoff. Es wäre kein Leben möglich. Wären es 0,008% oder mehr, wäre sämtlicher Wasserstoff des Universums bereits kurz nach dem Urknall fusioniert. Ohne Wasserstoff gäbe es keine Sonne, und damit kein Leben. Keine natürliche Erklärung.

Quelle: Discover Magazine

Ausdehnungsrate und Massedichte des Universums

Wenn die Ausdehnungsrate des Universums um den Faktor 1 in 10 hoch 37 (eine Eins mit 37 Nullen) abweichen würde, wäre kein Leben möglich. Falls sie um diesen Faktor nach unten abweichen würde, also sich das Universum minimalst langsamer ausdehnen würde, dann wäre das Universum fast sofort nach dem Urknall wieder in sich zusammengefallen. Falls sie um diesen Faktor nach oben abweichen würde, könnten keine Galaxien oder Sonnen entstehen, und Leben wäre nicht möglich. Keine natürliche Erklärung.

Wenn die Massendichte des Universums um einen Faktor von 1 in 10 hoch 59 abweichen würde, hätte das den gleichen Effekt. Die Gravitationskonstante und die Gesamtmasse der dunklen Energie im Universum sind dermaßen fein aufeinander abgestimmt, dass eine so winzige Abweichung Leben im Universum unmöglich machen würde. Keine natürliche Erklärung.

Quelle: PBS

Drei-Alpha-Prozess

Der Energiezustand eines C12-Atomkerns beträgt exakt 7,656 MeV (Mega-Elektronen-Volt). Würde er weniger als 7,596 oder mehr als 7,716 MeV betragen, hätte sich nicht genügend Kohlenstoff im Universum bilden können, um kohlenstoffbasiertes Leben zu ermöglichen. Keine natürliche Erklärung.

Quelle: Wikipedia

Das Multiversum als Versuch einer natürlichen Erklärung

Das waren sechs Beispiele. Die Astrophysiker Hugh Ross und Jeff Zweerink haben insgesamt mehr als 120 solcher Faktoren zusammengestellt. Und anstatt natürliche Erklärungen für die vorhandenen Faktoren zu finden, entdecken Wissenschaftler statt dessen jedes Jahr neue Faktoren. Im Buch „Improbable Planet“ von Hugh Ross sind die Zusammenhänge sehr verständlich erklärt.

Prämisse (2) lässt sich wissenschaftlich nicht wegdiskutieren. Sie ist allgemein anerkannter Fakt.

Aber was ist mit Prämisse (1)? Auf der Suche nach einer natürlichen Erklärung ist die Wissenschaft auf die folgende Idee gekommen: Zufall!!! Nicht dass der Zufall alle diese Faktoren derart fein abgestimmt hätte. Aber wir leben zufällig in einem Universum, das Leben ermöglicht. Unser Universum ist halt nur eines von unendlich vielen parallelen Universen. Um genau zu sein ist unser Universum nur eines von allen denkbar möglichen Universen. Das Multiversum war geboren!

Der Ontologische Gottesbeweis

Eine kleine Randnotiz: Das Multiversum ist nicht nur eine eierlegende Wollmilchsau. Wenn es das Multiversum wirklich gibt, dann gibt es auch eierlegende Wollmilchsäue. Die leben dann in einem der unendlich vielen Universen. Und es gibt ein Universum, wo es Einhörner gibt. Dann gibt es alles, was in irgendeiner Weise möglich ist, auch ein Universum, in dem Gott existiert. Und wenn Gott in einem Universum existiert, dann existiert er in jedem Universum. Denkt mal kurz drüber nach. Wenn Gott in einem Universum existiert, dann existiert er in jedem Universum. Das ist die Ultrakurzfassung des ontologischen Gottesbeweises, der vorerst keinen eigenen Blog-Post erhält. (Vieleicht folgt der später mal.)

Das Multiversum entzaubert

Die Multiversums-Theorie erklärt keinesfalls alle 120 Faktoren der Feinabstimmung. Warum nicht? Weil die Multiversums-Theorie gerade als Reaktion auf die Entdeckung der Faktoren aufgestellt wurde. Es entsteht das, was die Atheisten den Christen in anderen Fragen immer wieder vorwerfen: ein astreiner Zirkelschluss:

Es gibt zahlreiche Faktoren, dass das Universum feinabgestimmt ist. Die Faktoren gehen über das hinaus, was durch Zufall möglich und denkbar ist. Aus dem Grund ist das Universum nur eines von vielen im Multiversum. Weil das Universum nur eines im Multiversum ist, daher befinden wir uns notwendigerweise in einem Universum das Leben ermöglicht. Daher beobachten wir lauter feinabgestimmte Faktoren. Die Erklärungsversuche gehen im Kreis. Das Multiversum taugt nicht zur Erklärung.

Nur ein Designer erklärt Design. Dieser Designer, der das Universum so wunderbar und atemberaubend geschaffen hat, der ist natürlich Gott.

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Eine Antwort

  1. Hallo Jan,

    Vielen Dank dir für diese Beiträge, sie gehören zu den besten Zusammenfassungen im deutschen Raum, die ich zu diesen Themen je gelesen habe. Mach weiter damit!
    Vielen Dank dir!

    Lg,
    Joel Tuchscherer

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