Übersetzungsfehler in der Bibel? Die Jung(e) Frau Maria?!

Oft wird behauptet, dass in der Bibel eigentlich gar nicht von einer Jungfrauengeburt die Rede ist, sondern dass es sich um einen Übersetzungsfehler handelt. Im Urtext würde „junge Frau“ stehen, und nicht „Jungfrau“. Zurückzuführen ist die moderne Sage vom angeblichen Übersetzungsfehler wohl darauf, dass ein Bibelkritiker irgendwann einmal die Fakten missverstanden hat, oder missverstehen wollte, und sie dann falsch weiterverbreitet hat.

Die Jungfrauengeburt im im Lukas-Evangelium

Die Jungfrauengeburt wird im Neuen Testament zwei Mal in den Evangelien explizit erwähnt, und auch in den Paulus-Briefen angedeutet (Galater 4:4).

In Lukas 1:26-35 heißt es:

Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa mit Namen Nazaret gesandt, zu einer Jungfrau, die verlobt war mit einem Mann aus dem Hause Davids mit Namen Josef, und der Name der Jungfrau war Maria. Und er trat bei ihr ein und sprach: Sei gegrüsst, du Begnadete, der Herr ist mit dir! Sie aber erschrak über dieses Wort und sann darüber nach, was dieser Gruss wohl zu bedeuten habe. Und der Engel sagte zu ihr:

Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade gefunden bei Gott: Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Dieser wird gross sein und Sohn des Höchsten genannt werden, und Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und seine Herrschaft wird kein Ende haben.

Da sagte Maria zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich doch von keinem Mann weiss? Und der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen, und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das gezeugt wird, Sohn Gottes genannt werden.

Aus dem Textzusammenhang wird deutlich, dass ein Übersetzungsfehler von „junge Frau“ zu „Jungfrau“ überhaupt keine Auswirkung hätte. Denn wenn Maria dem Engel Gabriel antwortet, dass sie von keinem Mann weiß, dann meint sie damit im übertragenen Sinne, dass sie keinen Sex mit einem Mann hatte, und damit eine Jungfrau war.

Die Jungfrauengeburt im Matthäus-Evangelium

Noch wesentlich deutlicher wird es bei Matthäus 1:18-25. Dort steht:

Mit der Geburt Jesu Christi aber verhielt es sich so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt. Noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte es sich, dass sie schwanger war vom heiligen Geist. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht blossstellen wollte, erwog, sie in aller Stille zu entlassen. Während er noch darüber nachdachte, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen, denn was sie empfangen hat, ist vom heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk von ihren Sünden retten. Dies alles ist geschehen, damit in Erfüllung gehe, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:

Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben.

Das heisst: ‹Gott mit uns›.

Als Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Er erkannte sie aber nicht, bis sie einen Sohn geboren hatte; und er gab ihm den Namen Jesus.

Wenn der Text sagt, dass Maria schwanger wurde, bevor sie zusammengekommen waren, dann meint das auch in diesem Zusammenhang Sex. Und wenn es heißt, dass Josef Maria bis zur Geburt nicht erkannte, dann meint auch das Sex. Oder anders ausgedrückt: Maria hatte keinen Sex, und war daher Jungfrau, egal ob man nun „Jungfrau“ übersetzt, oder „junge Frau“.

Die Jungfrauengeburt im Propheten Jesaja

Aber ist überhaupt falsch übersetzt worden? Auch das ist nicht der Fall. Das Neue Testament wurde in Griechisch geschrieben. Sowohl Lukas als auch Matthäus gebrauchen das Wort „parthenos“. Die einzige Übersetzung dafür ist „Jungfrau“. „Parthenos“ mit „junge Frau“ zu übersetzen, das wäre eine falsche Übersetzung.

Woher kommt also die Behauptung, es gäbe einen Übersetzungsfehler? Das hat mit dem Zitat zu tun, das Matthäus hier verwendet. Er zitiert aus dem Propheten Jesaja, um genauer zu sein, aus der griechischen Übersetzung des hebräischen Alten Testaments. Die sogenannte Septuaginta wurde im dritten Jahrhundert vor Christi Geburt vom Hebräischen ins Griechische Übersetzt.

Dort heißt es:

Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben; siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und du wirst ihm den Namen »Emmanuel« geben. (Jesaja 7:14)

Da Matthäus wörtlich zitiert, ist dieser Text der Ursprung des Wortes „parthenos“, also „Jungfrau“.

Wenn wir uns nun anschauen, was im Hebräischen steht, dann wird klar, was passiert ist. Der selbe Vers in der Zürcher Bibel lautet:

Deshalb wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Seht, die junge Frau ist schwanger, und sie gebiert einen Sohn. Und sie wird ihm den Namen Immanu-El geben. (Jesaja 7:14)

Im Hebräischen steht das Wort „almah“, und das heißt sowohl „junge Frau“ wie auch „Jungfrau“. Je nachdem, welche Bibel man liest, steht im Deutschen in dem Vers entweder „junge Frau“, wie hier in der Zürcher Bibel, aber auch in der Guten Nachricht, oder der Neuen Evangelistischen Übersetzung. In anderen Bibeln, wie der Luther-Bibel, der Einheitsübersetzung oder der Elberfelder Bibel steht in diesem Vers „Jungfrau“. Falsch ist keine der beiden Möglichkeiten, da das Wort „almah“ beides bedeutet.

Almah oder betulah?

Almah oder Betulah? Jungfrau oder junge Frau?

Ob die junge Frau auch eine Jungfrau ist, muss also aus dem Textzusammenhang klar werden. Der Vers spricht von einem Zeichen. Zeichen sind im Alten Testament in der Regel übernatürlich. Die zehn ägyptischen Plagen werden beispielsweise als Zeichen beschrieben. Wenn eine junge Frau ein Kind gebiert, das wäre kein übernatürliches Zeichen. Es wäre nicht einmal ein natürliches Zeichen, da es jeden Tag geschieht. Aus dem Textzusammenhang wird daher auch hier klar, dass eine Jungfrauengeburt beschrieben wird.

Kritiker werfen ein, dass Jesaja das Wort „betulah“ hätte verwenden müssen, um eine Jungfrau zu bezeichnen. „Betulah“ bedeutet sowohl „Jungfrau“ als auch „unverheiratete Frau“.

Beispielsweise wird in Joel 1:8 das Wort „betulah“ verwendet, um eine Witwe zu beschreiben. Auch wenn im Alten Testament niemals eine „betulah“ explizit ein Kind gebiert, so heißt es bei weitem nicht, dass es sich notwendigerweise um eine Frau handelt, die noch niemals Sex hatte. Um dies eindeutig schlussfolgern zu können, bedarf es auch hier des Textzusammenhangs. Die Kritiker hätten ebenso viel zu kritisieren, wenn Jesaja „betulah“ geschrieben hätte, und den Textzusammenhang hätten sie ebenso wenig beachtet.

Daher ist klar, es liegt kein Übersetzungsfehler vor, wenn die Autoren des Neuen Testaments von der Jungfrauengeburt berichten. Wenn dies jemand wieder in den kommenden Weihnachtsagen behauptet, dann habt Ihr nun die passende Antwort parat.

Ich wünsche Euch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest.

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Eine Antwort

  1. Daniel Jaggy sagt:

    Diese Diskussion über die Jungfrau oder junge Frau ist mir auch bekannt, doch bei Jes 7,14 steht noch mehr was dieses im NT zitieren etwas fragwürdig macht; im NT wird der Name des Messias klar Jesus (Jeschua) genannt und in Jesaja aber Immanuel – Immanuel heisst dass Gott mit uns ist, aber Jesus (oder Jeschua) bedeutet der Retter Gottes zu sein. Schon allein diese Differenzen in den Namen sind zu bedenken. Aber weiter müsste ich generell die Frage aufwerfen, ob denn in Jesaja 7 vom Messias die Rede ist? Und weiter, warum macht sich Josef gedanken wie er die schwangere Maria verlassen könnte, wenn sie ihm vom Wunder durch den Engel Gabriel angekündigt erzählt hätte, dass sie ohne Sex schwanger wurde. Zum Beweis hätte sie ihre Jungfrauschaft aufzeigen können. Oder hat sie ihrem Verlobten nichts von diesem Wunder gesagt? Doch dass er danach fragen wird, wo sie nach drei Monaten zu ihm zurück kommt, muss doch ihr klar gewesen sein. Mir geht es nicht um die Tatsache dass Maria noch Jungfrau war, sondern geschichtlich die Wiedersprüche zwischen Lukas 1 und 2 mit Matthäus 1 und 2 aufzuklären – Lukas lässt nämlich einiges vom Matthäus aus, obwohl Lukas klar später als Matthäus geschrieben hatte.

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