Jesus Christus, eine Kopie von Horus, Osiris, Mithras, Krishna und Dionysus

In den sozialen Medien tauchen immer wieder Memes auf, die beunruhigende Parallelen zwischen dem christlichen Evangelium und antiken heidnischen Kulten aufzeigen. Die Implikationen sind klar. 2000 Jahre vor Christus ist die Jesusgeschichte angeblich schon einmal aufgeschrieben worden. Eine Gottheit wird von einer Jungfrau geboren, schart zwölf Jünger um sich, heilt die Kranken und Verletzten, weckt die Toten auf, stirbt am Kreuz und steht von den Toten auf. Jesus ist also eine Kopie von Horus.

Manchmal gibt es diese Behauptungen über Horus. Ein anderes Mal über Osiris, oder Mithras, oder Krishna, oder Dionysus, oder irgendwelche anderen antiken Gottheiten. Besonders eindrucksvoll wirkt die Sache natürlich, wenn man alle Behauptungen gesammelt präsentiert.

Antike Mysterienreligionen

Dabei tauchen immer wieder dieselben Elemente auf: Eine Gottheit wird am 25. Dezember von einer Jungfrau geboren; wird angebetet von drei Königen; ein Stern erscheint bei der Geburt; er hatte zwölf Jünger, hat Wunder vollbracht, ist am Kreuz gestorben, und ist nach drei Tagen auferstanden.

Je mehr solcher Behauptungen auf einmal zusammengetragen werden, desto beeindruckender wird das Ganze. Damit ist Jesus nur die letzte Gottheit, über die man eine immer wiederkehrende Geschichte erzählt, und das Evangelium nur eine billige Kopie.

Das ist aber nur der Fall, wenn denn etwas Wahres an den ganzen Behauptungen dran ist. Schauen wir sie uns also genauer an.

Der Zeitgeist-Film

Die Verschwörungstheorie hat ihren Ursprung im Dokumentarfilm Zeitgeist von Peter Joseph aus dem Jahr 2007, einem der weltweit erfolgreichsten YouTube-Filmen. Allein die englischsprachige Version hat bisher 25 Millionen Aufrufe.

Von dort verbreiteten sich die wirren Thesen nicht nur über die sozialen Medien, sondern werden teilweise auch von den Mainstream-Medien aufgegriffen. Welt der Wunder berichtete beispielsweise, dass die Jesusgeschichte sich von der Osiris-Sage ableitet, der ebenso Gottes fleischgewordener Sohn ist, die Menschheit erlöst, und von einer Jungfrau am 25. Dezember geboren wurde.

Welt der Wunder hat damit nicht nur eine Verschwörungstheorie abgepinselt, sondern es auch noch geschafft, die ägyptische Gottheit Osiris mit seinem Sohn Horus zu verwechseln.

Der Ursprung der Verschwörungstheorie

Aber haben die Macher des Zeigeist-Films sich die Theorie komplett selbst aus den Fingern gesogen? Dem ist nicht so. Otto Pfleiderer und Richard Reitzenstein behaupteten bereits in ihrem im Jahr 1910 veröffentlichen Buch Die hellenistischen Mysterienreligionen, dass das Christentum eine Kopie von antiken ägyptischen und phrygischen Kulten ist. James Frazer machte ähnliche Behauptungen in seinem im Jahr 1906 veröffentlichten Werk Der goldene Zweig.

Die einzige Parallele, die diese Autoren zwischen den Mysterienreligionen und dem Christentum aufweisen konnten, ist jedoch der Tod und die Auferstehung von Gottheiten. Auf den ersten Blick ist das eine deutliche Parallele, aber die Gottheiten der Mysterienreligionen sind Erntegötter, die im jährlichen Zyklus mit ihrer „Auferstehung“ für eine reichliche Ernte sorgen, während Jesus zur Vergebung unserer Sünden und zur Versöhnung mit Gott gestorben und auferstanden ist. Diese Parallele ist also rein oberflächlich. Die ganzen Details um das Geburtsdatum usw. sind in der Tat erst von den Zeitgeist-Machern hinzugefügt worden, um die Parallelen weiter aufzubauschen.

Dass an den Theorien wirklich nichts weiter dran ist, machen wir uns klar, wenn wir die Sage von Osiris und Horus, sowie den Mithras-Kult genauer untersuchen. Diese drei Gottheiten sind die, die am häufigsten mit Jesus gleichgesetzt werden. Aber auch bei den anderen Gottheiten sieht die Faktenlage nicht besser aus.

Die Sage von Osiris, Isis und Horus

Das ägyptische Totenbuch ist frei verfügbar. Alle meine Behauptungen sind also leicht nachprüfbar. James Frazer beschreibt Osiris als Vegetationsgott, Fakt ist aber, dass er der ägyptische Totengott ist.

Nach der Sage hat der Gott Set seinen Bruder Osiris in einer Holzkiste in den Nil geworfen, die schließlich in Byblos in Phönizien an Land schwemmte. Dort hat seine Ehefrau Isis die Kiste gefunden, die den Körper zurück nach Ägypten brachte, und dort wiederbelebte.

Set tötete Osiris ein zweites Mal, und zerteilte den toten Körper in 14 Teile. Isis fügte die Teile wieder zusammen, ersetzte das Geschlechtsteil von Osiris, da ein Fisch dieses aufgefressen hatte, und war mit dem leblosen Körper intim. Isis gebar darauf einen Sohn, Horus. Als Erwachsener tötete Horus seinen bösen Onkel Set.

Hier sehen wir schon, dass Isis definitiv keine Jungfrau war, als sie den Horus gebar. Osiris war der leibliche Vater, auch wenn er bei der Zeugung schon tot war. Außerdem ist Horus nicht gestorben und auferstanden. Sein Vater Osiris ist zwar zwei Mal gestorben, aber nicht vom Tod auferstanden, sondern wurde das erste Mal durch Magie wiederbelebt, und blieb das zweite Mal tot.

Antike Bilder und Statuen zeigen Osiris fast immer im Mumiengewand, wie auf dem Foto oben, in der Mitte. Das demonstriert, dass Osiris tot ist, und nicht lebt. Er war für die antiken Ägypter der Gott des Totenreiches, und kein Gott der Lebenden. Horus war ein Gott der Lebenden, aber er ist nicht vom Tod auferstanden oder wiederbelebt worden. Nach fast allen mythologischen Erzählungen ist er nicht einmal gestorben.

Parallelen zwischen Jesus und Horus bzw. Osiris

Die ganzen übrigen Behauptungen über Osiris, die immer wieder auftauchen, sind durchweg falsch. Osiris hatte nicht dieselben Titel wie Jesus, wie „König der Könige“ oder „Herr der Herren“. Es kamen keine drei Könige, um Osiris anzubeten. Die alten Ägypter feierten keine Eucharistie oder Kommunion, bei der sie symbolhaft das Fleisch des Osiris aßen.

Gleichermaßen sind die Behauptungen über Horus komplett falsch. Horus wurde nicht in einer Höhle geboren und in eine Krippe gelegt. Er wurde in einem Sumpf geboren. Es gab keine Engel und keinen Stern bei der Geburt. Horus lehrte nicht mit zwölf Jahren in einem Tempel. Horus wurde nicht getauft. Den angeblichen „Anup den Täufer“ sucht man in der ägyptischen Mythologie vergebens. Horus hatte keine zwölf Jünger, sondern vier. Horus hat keinen von den Toten auferweckt, er ist nicht auf dem Wasser gelaufen, er hat kein Wasser zu Wein gemacht. Er hat keine Bergpredigt gehalten, und wurde auch nicht gekreuzigt.

Alle diese Behauptungen finden sich weder im ägyptischen Totenbuch noch in anderen mythologischen Erzählungen. Die Verschwörungstheoretiker haben bisher auch keine Quellen für ihre Behauptungen vorlegen können.

Der Mithras-Kult

Der persische Sonnengott Mithras wurde irgendwann zwischen dem ersten Jahrhundert vor Christus und dem zweiten Jahrhundert nach Christus Objekt einer römischen Mysterienreligion. Die Forschung geht heute allgemein davon aus, dass der persische Mithras und der römische Mithras nicht gleichzusetzen sind, und die Römer nur den Namen übernommen haben.

Plutarch berichtet, dass der Mithraskult um das Jahr 65 v. Chr. durch zilizische Piraten nach Rom gekommen ist. Die Archäologie kann dies jedoch nicht bestätigen. Die Anhänger des Mithraskultes feierten ihre Gottesdienste in unterirdischen oder in Fels gehauenen Höhlen, die man auch Mithräen nennt. Am Altar befand sich fast immer ein Relief mit einer Stiertötungsszene, die sogenannte Tauroktonie.

Die ältesten gefundenen Mithräen wurden auf nicht früher als 160 n. Chr. datiert. Ab diesem Datum wurden jedoch tausende Mithräen und Tauroktonien im gesamten römischen Reich nachgewiesen. Der Konsens der Forschung heute ist der, dass der Mithraskult sich erst gegen Ende des ersten Jahrhunderts in Rom ausbreitete.

Insbesondere hat der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 die beiden Städte Pompeji und Herculaneum präserviert. In deren Ruinen hat man keine Anzeichen für das Vorhandensein des Mithraskultes gefunden.

Damit ist der Mithraskult einfach zu spät entstanden, um christliche Lehren und Traditionen beeinflusst zu haben. Darüber hinaus wissen wir so gut wie gar nichts über die Glaubensinhalte und Rituale des Mithraskultes. Es sind zwar tausende von Kultstätten erhalten, aber kein einziges Buch oder Dokument mit Glaubensinhalten.

Den Kirchenvätern war der Mithraskult bekannt. Justin der Märtyrer schrieb in seiner Apologie, dass die Anhänger des Mithras die christliche Eucharistie imitieren würden, und sich ebenso wie die Christen am Sonntag in ihren Kulträumen versammelten. Da Justin dies mehr als 120 Jahre nach der Kreuzigung schrieb, ist klar, dass der Mithraskult zumindest diese beiden Elemente vom Christentum kopiert hat, und nicht andersherum.

Weihnachten oder Sol Invictus?

Der 25. Dezember als Geburtstag des Mithras entstammt einer unzulässigen Gleichsetzung von Mithras mit dem römischen Sonnengott Sol Invictus. Die Mithras-Anhänger gaben ihm zwar den Beinamen Sol Invictus, das heißt aber nicht, dass man ihn mit dem Hauptgott Sol Invictus der römischen Staatsreligion gleichsetzen kann. Das waren zwei komplett verschiedene Religionen mit komplett verschiedenen Göttern.

Sol Invictus wurde in der Tat am 25. Dezember gefeiert, aber erst nachdem sich das christliche Weihnachtsfest an diesem Datum etabliert hatte. Vorher wurde Sol Invictus um den 20. Oktober bzw. am 28. August gefeiert.

Der 25. Dezember wurde von Kaiser Konstantin dem Großen verbindlich im Jahr 336 n. Chr. für das Weihnachtsfest festgesetzt, als das Christentum Staatsreligion wurde. Das früheste Dokument, nach dem das Datum des Sol Invictus auf dem 25. Dezember lag, ist jedoch der „Chronograph von 354“. Der wurde, wie der Name schon sagt, im Jahr 354 geschrieben, also fast 20 Jahre später.

Damit wurde also höchstwahrscheinlich nicht Weihnachten demonstrativ auf das heidnische Fest des Sol Invictus gelegt, wie oft behauptet wird, um die Heiden zur Entscheidung zu zwingen. Die überlieferten Daten legen den Schluss nahe, dass es genau andersherum abgelaufen ist.

Zusammenfassend lässt sich also auch über die angeblichen Parallelen zwischen Jesus und Mithras nur sagen, dass die Verschwörungstheoretiker sie an den Haaren herbeiziehen. Belegt ist nichts.

Und die Atheisten, die solchen Schmarren ungeprüft im Netz verbreiten, aber im selben Atemzug die Bibel ein Märchenbuch voller Mythen und Legenden nennen, möchte ich doch gerne zu etwas mehr Konsistenz aufrufen.

Quellen: The Harvest Handbook of Apologetics / Cold-Case Christianity / Patheos

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3 Antworten

  1. Bernd sagt:

    Dummerweise feiern Christen aber erst seit dem 4. Jhd. am 25. Dezember den Geburtstag ihres Idols. Und auch erst seitdem halten sie ihre Messen am Sonntag. Es ist also genauso, wie die Kritiker behaupten: Die Christen plagiieren ältere Kulte!

    Man lese auch die Geschichte von Simon dem Rebellenführer und Menachem von Qumran. Beide sollen nach drei Tagen vom Tod auferstanden sein. Bei Simon bewachten römische Soldaten den Leichnam. Ein weiteres Plagiat der christlichen Sekte.

    Nachzulesen hier: https://www.katholisch.de/artikel/23793-warum-wir-am-25-dezember-weihnachten-feiern

    • Jan Krohn sagt:

      Das Jahr 336 ist im 4. Jahrhundert. Genau das habe ich doch geschrieben. Zuvor wurde Sol Invictus im August bzw. Oktober gefeiert. Wie sollen die Christen denn das Fest plagiiert haben, wenn es an einem anderen Datum gefeiert wurde? Was katholisch.de schreibt interessiert wenig, wenn Dokumente wie der Chronograph von 354 das Gegenteil beweisen.
      Der Sonntag wurde erst im 4. Jh. zum Feiertag erklärt. Das macht auch Sinn, weil dann erst das Christentum Staatsreligion wurde. Sonntagsgottesdienste sind allerdings schon von Justin dem Märtyrer um das Jahr 150 belegt.
      Zu Simon und Menachem: welche Quellen existieren denn für die Auferstehung dieser beiden Männer, die älter sind als die Evangelien? Mir wären keine bekannt, aber vielleicht habe ich ja was übersehen.

  2. alexander sagt:

    Weihnachten fällt nicht auf ein ehemals heidnisches Fest („sol invictus“), sondern auf die Wiedereinweihung des jüdischen Tempels zur Zeit der Makkabäer.

    Und es fügte sich so, dass an dem gleichen Tage, an dem die Fremden den Tempel unrein gemacht hatten, der Tempel gereinigt wurde, nämlich am fünfundzwanzigsten Tag des Monats Kislew. (2.Makkabäer 10,1-8). Der Monat Kislew entspricht dabei November/Dezember. Mit anderen Worten: der 25. Kislew bzw. der 25. Dezember wurde deshalb gewählt, weil mit der Geburt Jesu der eigentliche Tempel entsteht: Jesus ist der neue Tempel, den er später selber niederreissen und in 3 Tagen aufbauen wird.

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